Flüchten statt Feiern: Die Türkei hat einen neuen Meister
13.05.2012, 13:59 Uhr
"Stuhlgang" in Istanbul: Fenerbahces "Fans" verkraften den Verlust des Meistertitels an Galatasaray offenkundig nicht. (Quelle: dpa)
Galatasaray Istanbul ist zum ersten Mal seit 2008 wieder türkischer Meister. Die Gelb-Roten entthronten im direkten Duell am letzten Playoff-Spieltag der Süper Lig den Stadtrivalen Fenerbahce. Dazu genügte Galatasaray ein 0:0. Beide Schwergewichte des türkischen Fußballs haben nunmehr 18 Meisterschaften vorzuweisen und sind Rekordhalter. Feners Hooligans fanden keinen Grund zum Feiern und entluden ihren Frust in einem gepflegten Platzsturm, bewaffnet mit so vielen Sitzschalen, wie sie tragen konnten.
Die Polizei stellte sich den entfesselten Störenfrieden und deren zweckentfremdeten Wurfgeschossen entgegen. Die Ordnungshüter setzten Schlagstöcke und Pfefferspray ein. Sie schützten beide Mannschaften auf dem Weg in die Kabine. Auch außerhalb des Stadions kam es zu Zusammenstößen. Die Polizei reagierte mit Tränengas und Wasserwerfern. Anhängern von Galatasaray war der Besuch der Begegnung im Vorfeld untersagt worden. Ein Fan von Galatasaray wird sogar niedergestochen
Später kam es auch außerhalb des Stadions zu heftigen Zusammenstößen zwischen Fans und Ordnungskräften sowie verfeindeten Anhängern. Polizeifahrzeuge und Mülltonnen brannten, Schaufenster wurden eingeschlagen. Auch in anderen Landesteilen kam es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen. Laut einem Bericht der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu wurde ein Galatasaray-Fan auf offener Straße mit einem Messer attackiert und schwer verletzt. Der Zustand des 29-Jährigen soll aber stabil sein. Ex-Hamburger Ujfalusi fliegt vom Platz
In der über den Titel entscheidenden Partie mussten die Gastgeber zuvor auf Sieg spielen. Chancen waren in dem hart geführten Derby aber Mangelware. Fenerbahces Senegalese Issiar Dia sah in der 65. Minute die Gelb-Rote Karte wegen Foulspiels. Kurz vor Schluss (79.) wurde auch der Ex-Hamburger Tomas Ujfalusi nach der zweiten Verwarnung vom Feld geschickt. In den letzten Minuten drückte Fenerbahce vergeblich auf den entscheidenden Treffer. Galatasaray darf in der kommenden Saison an der Champions League teilnehmen. Fenerbahce dagegen muss zunächst durch die Qualifikation. Hilbert und Ernst mit Besiktas in der Europa League
Bereits tags zuvor hatte Besiktas Istanbul mit den ehemaligen deutschen Nationalspielern Roberto Hilbert und Fabian Ernst durch ein 1:1 gegen Trabzonspor den dritten Tabellenplatz verteidigt und sich damit die erneute Teilnahme an der Europa League gesichert. Historische Zäsur
In der Türkei endete damit eine Saison, die vom Manipulationsskandal überschattet worden war. Der türkische Fußballverband TFF hatte Fenerbahce im August 2011 wegen der Verstrickung in Spielabsprachen auf Druck der UEFA für die Champions-League-Spielzeit 2011/12 gesperrt. Seit Februar läuft in Istanbul der Prozess, auch Fener-Präsident Aziz Yildirim ist angeklagt. --------------------------------------------------------------------------------------------------------------