17 Spiele, 17 Niederlagen, 4:334 Tore – der finanziell klamme Kreisligist Germania Forchheim ist die schlechteste Fußball-Mannschaft Deutschlands. Diese Negativbilanz brachte das oberfränkische Team in die Fernsehshows von Kerner und Jauch. Doch die Umtriebigkeit des Präsidenten weckt auch Neider. Von Anja Schramm
Lothar Walenta ist ein wenig verwundert. „Drei Punkte? Das wäre ja ein Sieg. Oder drei Unentschieden“, rechnet er vor, als wolle er sich vergewissern, dass er die Frage auch wirklich richtig verstanden hat. Nein, sagt Walenta, damit plane er nun wirklich nicht mehr für diese Saison. Nicht mal von einem bescheidenen Remis spricht Walenta. Er sagt: „Ich hoffe, dass die Niederlagen nicht mehr ganz so oft zweistellig ausfallen.“
Walenta ist Erster Vorstand von Germania Forchheim, einem Zehntligaverein aus dem Oberfränkischen. Dass es in der kommenden Saison die elfte und damit unterste Liga sein wird, in der seine Mannschaft Fußball spielt, daran zweifelt niemand. Obwohl rein rechnerisch noch alles möglich ist. „Aber nicht für uns“, sagt Walenta. Die Bilanz der ersten 17 Ligaspiele erlaubt solche Euphorie nicht: kein Sieg, nur vier Tore und schon 334 Gegentreffer, im Schnitt verliert Germania 0:20. Erst einmal blieb es bei einer einstelligen Pleite. Das erste Tor schoss Forchheim am 11. Spieltag, beim 1:25 gegen Vestenbergsgreuth. Danach gab es 100 Liter Freibier.
Der Klub stand vor dem Aus
Ein Katastrophenjahr habe er hinter sich, resümiert Walenta. Er meint das nicht sportlich, sondern finanziell. Aber zumindest habe er es geschafft, dass der Verein noch lebe. Die Germania stand vor dem Aus – und das 100 Jahre nach der Gründung. Es ging um Prämien und Geld, das der Klub nicht mehr hat und um 26 Spieler, die vor der Saison gingen, weil Walentas Vorgänger Versprechungen machten, die sie nicht hielten. Und weil sie in Forchheim auch die Jugendarbeit vernachlässigten, musste eine Thekenmannschaft zur Rettung einspringen. „Manche wussten anfangs nicht mal, dass das Runde ins Eckige soll“, sagt Walenta. „Aber so langsam machen sie sich.“
Walenta, der agile Rentner, kennt die Begehrlichkeiten der Medien, er geht hausieren mit dem Titel „Schlechteste Mannschaft Deutschlands“. Er sagt: „Entweder man ist Weltmeister, oder man ist gar nichts.“
Er brachte seine Jungs zu Johannes B. Kerner in die Fernsehshow, dort saßen sie neben Rapper Bushido. Sie waren bei Günther Jauch und „Menschen des Jahres 2008“. Es ging gar so weit, dass ein regionaler Radiosender einen Kontakt zum FC Bayern vermittelte. Torwarttrainer Walter Junghans kümmerte sich um die Schießbude der Nation. „Er hat unsere Jungs zwei Stunden lang gescheucht. Das waren die gar nicht gewohnt.“
Geringer Ertrag der medialen Präsenz
Doch der Ertrag der medialen Präsenz ist bislang gering. „Wir haben extreme Aufmerksamkeit bekommen, aber keine Sponsoren. Das hat alles nichts gebracht“, resümiert Walenta. Vielmehr weckte die Forchheimer Umtriebigkeit Neider und Kritiker, die die Masche anprangern, weil sie selbst mühsam arbeiten im Schatten der hofierten Verlierer. „Wir spielen Fußball, was die machen, fällt unter Zirkus“, sagt einer jener Unzufrieden.
Tatsächlich stieg der Zuschauerschnitt der Germania von 50 auf 100, wenn das Fernsehen da war, kamen gar 500 Besucher. Den Schiedsrichter könne er jetzt bezahlen, sagt Walenta.
Im Fernsehen hatte er einen Aufruf gestartet, dass sich Freiwillige gern anschließen können, er könne eben nur nichts zahlen. Die Resonanz war riesig. E-Mails en masse hat er erhalten, selbst aus Russland. Im dortigen Fernsehen hatten sie aus Forchheim berichtet. „Aber ich kann die Jungs ja nicht im Schlafsack in meinem Garten übernachten lassen“, sagt Walenta. Vier Zugänge hat er mittlerweile rekrutiert, „richtig gute Jungs“, wie er sagt.
"Stern TV" ermittelte das schlechteste Team
Dass Forchheim dennoch zu Recht den Titel „Schlechteste Mannschaft Deutschlands“ trägt, ist einem Spiel im Herbst zu verdanken. „Stern-TV“ lobte den Cup der Verlierer aus und ließ Forchheim und Inter Bochum 2003 gegeneinander antreten. Die Mannschaft aus dem Pott ist statistisch gesehen gar noch schlechter als die Oberfranken (16 Spiele, 2:346 Tore), allerdings spielt sie zwei Klassen höher. „Die sind alle lieb und nett, machen einen guten Döner, und der Kaffee schmeckt auch. Aber Fußball…“, spricht ein Ligagegner auch den Bochumern jegliche Fußballkompetenz ab.
Der Verliererpokal, „ein Rieseneimer“, steht seither bei Lothar Walenta auf dem Schreibtisch; 1:2 verloren seine Jungs das Duell. Und dennoch, sagt er, sei es eine nette Begegnung gewesen. Von den 200 Litern Siegerbier überließen ihnen die Bochumer die Hälfte.