Mit der Einsetzung des 44-Jährigen als «Vorstand für Lizenzspielerangelegenheiten» zogen die Münchner drastische Konsequenzen aus den jüngsten Misserfolgen, die in der dramatischen Heimpleite im Champions League-Finale gegen den FC Chelsea gipfelten. Zudem hatte es in der Liga und im DFB-Pokal nur zum zweiten Platz hinter dem BVB gereicht. Als Grund für die Trennung von Nerlinger wurden «unterschiedliche Auffassungen über das Konzept für die Zukunft der Mannschaft» genannt. Die Vertragsauflösung sei bereits bei der Aufarbeitung der zurückliegenden Saison vereinbart worden, hieß es. Allerdings habe man sich darauf verständigt, die Trennung erst nach der am Sonntag beendeten Fußball-EM zu verkünden.
Dabei war der Vertrag mit Nerlinger erst im vergangenen November vorzeitig um zwei weitere Jahre bis 2014 verlängert worden. «Ich möchte mich im Namen des Clubs bei Christian Nerlinger ausdrücklich für seine Arbeit in den vergangenen vier Jahren beim FC Bayern bedanken», sagte Bayerns Aufsichtsratsvorsitzender Uli Hoeneß. «Ich hoffe sehr, dass unser aller gutes persönliches Verhältnis auch weiterhin Bestand hat.» Nerlinger betonte: «Ich wünsche dem FC Bayern weiterhin alles erdenklich Gute. Ich habe hier eine gute und sehr intensive Zeit erlebt und werde dem Club auch weiterhin freundschaftlich verbunden bleiben.»
Immer wieder war Sammer mit dem erfolgsverwöhnten Club von der Isar in Verbindung gebracht worden. Durch seinen Wechsel zum deutschen Vorzeige-Club nach dem deutschen Halbfinal-Aus bei der EM hinterlässt der positiv Besessene gleichzeitig eine große Lücke beim DFB. «Wir lassen Sammer nur sehr schweren Herzens gehen. Er hat mit seiner Kompetenz und Leidenschaft viel für die Talentförderung in Deutschland bewegt und dem Verband mit seiner Art unglaublich gut getan», sagte DFB-Präsident Wolfgang Niersbach. Bei der Nachfolgersuche wolle sich der Verband keinen Zeitdruck auferlegen, kommentierte Generalsekretär Helmut Sandrock.
Sammer teilte Niersbach seine Pläne am Montagmorgen am Telefon mit - kurz darauf bat Bayern-Präsident Hoeneß offiziell um die Freigabe. Nach Rücksprache mit den Mitgliedern des DFB-Präsidiums wurde der bis 2016 laufende Vertrag daraufhin aufgelöst. Sammer war seit 2006 als Sportdirektor für die Jugend- und Talentförderung zuständig gewesen. Auch die Trainerausbildung fiel in seinen Bereich.
Der frühere Bayern-Profi Nerlinger hatte 2009 als Sportdirektor die Aufgaben des langjährigen Managers Hoeneß übernommen. Zuvor war er bereits ein Jahr als Team-Manager tätig gewesen. In den vergangenen beiden Jahren blieben die Münchner jedoch ohne Titel - und Nerlinger geriet immer mehr in die Defensive. Schon vor etwas mehr als einem Jahr hatte Bayern-Ehrenpräsident Franz Beckenbauer öffentlich bemängelt, Nerlinger habe noch «zu viel Respekt» vor den Leistungen seines Vorgängers Hoeneß. Beckenbauer weiter: «Wenn der Uli in seinem Büro ist, dann gehen doch alle zum Uli und laufen an Nerlingers Büro vorbei.»
Ausgerechnet der ehemalige Dortmunder Sammer soll den Bayern jetzt wieder das Sieger-Gen einimpfen. Als Spieler war er mit dem BVB Meister und Champions-League-Sieger geworden und hatte den Club 2002 auch als Trainer zur deutschen Meisterschaft geführt. «Auf die Dauer habe ich keine Lust, immer Platz zwei zu belegen», hatte Hoeneß Mitte Mai nach dem bitteren Champions League-Endspiel angekündigt.
Als neuer Sport-Vorstand dürfte der eigenwillige Sammer auch ein mächtiges Wörtchen bei der Trainerfrage mitreden. Der Vertrag mit Bayern-Coach Jupp Heynckes läuft in einem Jahr aus - und Hoeneß hat bereits in Aussicht gestellt, dass dann voraussichtlich ein anderer Fußball-Lehrer die Münchner zu Erfolgen führen soll. «Höchstwahrscheinlich holen wir einen», so Hoeneß vor einem Monat mit Blick auf die mögliche Wachablösung 2013.
Als möglicher Nachfolger von Heynckes wird der langjährige Trainer des FC Barcelona, Josep Guardiola, gehandelt. Offiziell war dazu bislang nichts vom FC Bayern zu vernehmen. Jetzt sitzt Heynckes zudem Sammer im Nacken - auch wenn der bisher stets behauptet hat, nie mehr auf die Trainerbank zurückkehren zu wollen.
Mit dem hätte ich nicht gerechnet. Sie scheinen wohl wirklich Angst zu haben vor dem BVB. Diese Verpflichtung wird sie auf jeden Fall leider wieder nach vorne bringen. Vielleicht nicht im ersten Jahr aber wenn sie die Geduld haben sollten werden sie in 2-4 Jahren leider die Früchte ernten die ihnen Sammer sät
Mit deutlichen Worten und klaren Zielvorgaben trat «das neue Herzstück des FC Bayern», wie Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge den bisherigen DFB-Sportdirektor bezeichnete, seinen zunächst auf drei Jahre vertraglich befristeten Posten an. Selbstmitleid sei absolut fehl am Platze, Alibis werde man nicht dulden, betonte Sammer: «Da müssen wir vom ersten Tag an klar die Richtung vorgeben.»
«Die Denkweise des Vereins, die auch mich schnell befallen hat, ist nicht klein, sie ist groß», betonte er. Eine Kampfansage an seinen Ex-Club Borussia Dortmund, mit dem er als Spieler 1997 Champions-League-Sieger wurde und den er 2002 zur deutschen Meisterschaft führte, verkniff sich der neue Hoffnungsträger: «Man respektiert, was passiert ist.» Der Blick gehe aber nur nach vorne. Man müsse ganz auf sich selbst schauen, «auf die eigene Stärke».
Nicht reden, sondern «richtig arbeiten» lautet das Erfolgs-Credo von Sammer, der Trainer Jupp Heynckes mit ganzer Kraft unterstützen will. Als Notfall-Trainer stünde er nicht bereit. Die vielen junge Spieler besäßen «Entwicklungspotenzial», den gestandenen Stars will er Dampf machen. Sie könnten «wachsen im Persönlichkeitsprofil».
Präsident Uli Hoeneß, der Sammer im Alleingang vom DFB zum Rekordmeister gelotst hatte, erwartet viel von dem Querdenker und Spezialisten in der Nachwuchsförderung. «Ich bin sehr, sehr glücklich, dass diese Entscheidung für uns gefallen ist.» Wenn der FC Bayern rufe, sei das «etwas Besonderes», gestand Sammer. Dass die Erwartungen an das erste Sammmer-Jahr sehr hoch sind, dokumentierte Rummenigge: «Wir wollen im nächsten Jahr wieder Titel!»
Vor der Präsentation in der Münchner Arena, wo die Bayern 45 Tage zuvor ihre zweite titellose Saison in Serie mit der bitteren Pleite im Champions-League-Finale gegen den FC Chelsea abgeschlossen hatten, sah Sammer auf dem Vereinsgelände beim Trainingsstart zu. Gemeinsam mit Rummenigge und Finanzvorstand Karl Hopfner hatte er in der Kabine die Spieler in einer rund zehnminütigen Ansprache auf die kommende 50. Bundesliga-Saison eingestimmt. Ein erstes Strategie-Gespräch mit Vorstand und Coach Heynckes gab es auch schon am ersten Arbeitstag: «Wir haben ein paar Themen, Inhalte, Personalien besprochen», sagte Sammer. Der sündhaft teure Mittelfeldspieler Javier Martinez von Athletic Bilbao bleibt ein Kandidat. «Qualität kostet», sagte Sammer.
Heynckes hatte beim Aufgalopp nur ein Rumpfaufgebot seines Kaders zur Verfügung. Die EM-Teilnehmer weilen noch im Urlaub, erst nach und nach werden Millionen-Zugang Mario Mandzukic vom VfL Wolfsburg, Franck Ribéry, Arjen Robben und die acht deutschen Nationalkicker um Kapitän Philipp Lahm das Training aufnehmen. «Drei Wochen Urlaub genügen. Ich hatte als Spieler nie so lange Urlaub», sagte Sammer zu möglichen EM-Nachwirkungen zum Saisonstart.
Neben Sammer schauten die Fans hauptsächlich auf die Neuzugänge Xherdan Shaqiri (FC Basel), Dante (Borussia Mönchengladbach), Ersatztorhüter Tom Starke (1899 Hoffenheim), Talent Mitchell Weiser (1. FC Köln) und Rückkehrer Claudio Pizarro (Werder Bremen).
Heynckes hat knapp sechs Wochen Zeit, um die Mannschaft bis zum Prestigeduell um den Supercup gegen den Meister und Pokalsieger Borussia Dortmund am 12. August in der Allianz Arena in Form zu bringen. Richtig ernst wird es eine Woche später im DFB-Pokal gegen Zweitliga-Aufsteiger SSV Jahn Regensburg sowie am 25./26. August im ersten Punktspiel beim Bundesliga-Neuling Greuther Fürth.
Wie gestern schon geschrieben ich befürchte schlimmes über die nächsten Jahre. Sammer war verantwortlich für die Erfolge in den Jugendmannschaften. Das daraus kein EM oder WM Titel bisher raussprang liegt in meinen Augen daran, dass es ab dem Erwachsenenalter in die Bierhoff/Löw Schiene läuft, die es sicherlich nicht schlecht machen, aber nicht in letzter Konsequenz für Erfolg stehen. Sammer tut das....leider ab sofort.