München - Ismaiks Aufpasser Hassan Shehata punktet bei seinem erstan Auftreten am Gelände des TSV 1860 im Löwenstüberl. Wirtin Christl Estermann sagt über ihn: "Wia da Lorant..."
Ein freundliches „Welcome in Munich“ rief ihm ein Trainingskiebitz zu, als Hassan Shehata gestern um 12.20 Uhr am Gelände des TSV 1860 eintraf. Der 63-Jährige, der im Auftrag von Investor Hasan Ismaik den Löwenprofis in den kommenden Wochen auf die Füße schauen soll, war von Ismaiks Cousin Noor Basha im Aston Martin an die Grünwalder Straße chauffiert worden. Letzterer dementierte am Freitagabend erneute Verkaufsgerüchte, nannte diese „komplett falsch“. Ebenfalls dabei: Ahmed Suliman, Shehatas einstiger Co-Trainer bei der ägyptischen Nationalmannschaft. Jede Menge Fotografen und TV-Teams nahmen das Trio unter Beschuss – ein riesiger Rummel. Dabei wird Shehata weder Trainer noch Sportdirektor. Und die vom TSV 1860 so ersehnten dreizehn Millionen hatte er auch nicht dabei
Als Erstes gingen die drei in die Geschäftsstelle rauf, begrüßten dort Geschäftsführer Robert Schäfer, dem Basha gestern via SZ ausrichten ließ, dass nach Ismaiks Ansicht seine Tage gezählt seien bei 1860. Auf die Frage, ob man für Schäfer einen Nachfolger brauche, antwortete Basha mit „Ja“. Warum? „Wir suchen eine Person mit mehr Fachwissen im Fußball.“ Angesichts dieser Umstände kam verständlicherweise keine längere Unterhaltung zustande, schon nach wenigen Minuten stiegen der Cousin, der Beobachter und der Beobachter-Assistent wieder die Stiegen runter und inspizierten den Fanshop. Shehata nahm ein Poster der Pokalsiegermannschaft von 1964 in die Hand und wurde schnell aufgeklärt, dass es sich hierbei nicht um das aktuelle Team handle. Der Ägypter, der sehr gebrochen Englisch spricht, gab dann auch Auskunft über seine Mission. „Warum wir da sind? Damit der Verein nach oben geht“, sagte er und hob den rechten Zeigefinger in die Höhe. „We need to go up!“ Immerhin: Er sprach von „wir“.
„Aber ich muss die Mannschaft auch spielen sehen“, sagte Shehata, „ich werde mir sicherlich die nächsten fünf Partien ansehen, um einen Eindruck zu bekommen.“ Sprach’s und setzte sich in den Biergarten des Löwenstüberls, um das Abschlusstraining zu verfolgen. Als er einen Espresso bestellte, bekam Wirtin Christl Estermann fast feuchte Augen. „Wia da Lorant“, juchzte sie und brachte dem Mann vom Nil gleich noch eine Decke, weil es halt ein bisschen kühl war…
Shehata machte sich immer wieder Notizen, was auch Florian Hinterberger wahrnahm, der von seinem Büro aus das Remmidemmi beobachtete. Er klingelte am Handy des tz-Reporters an und fragte: „Wos schreibt an auf?“ Eine detaillierte Auskunft war leider nicht möglich, da der gute Mann auf arabisch schrieb… Ismaik bei den Löwen - die Fotos des Besuchs
Null Kontakt gab es zwischen Shehata und Trainer Alexander Schmidt, der auch keinerlei Drang verspürte, sich zum Thema zu äußern: „Zum Ägypter will ich nichts sagen.“ Dafür erkundigte sich Shehata nach einem ehemaligen Bayerntrainer bei den Journalisten. „Lebt Dettmar Cramer noch?“, fragte er, „und wenn, wo kann man ihn erreichen? Er war ägyptischer Nationaltrainer in den siebziger Jahren, als ich Spieler war.“
Zeitgleich zum Shehata-Auftritt war in den Zeitungsredaktionen ein Schreiben von Ismaiks Münchner Anwalt Michael Scheele eingetroffen, in dem es u.a. hieß: „Nach Sichtung der Unterlagen kommen wir zu dem Zwischenergebnis, dass das öffentliche Ultimatum (Zahlung von 13 Millionen Euro) ohne rechtliche Substanz ist.“ Es gäbe weder eine Vereinbarung noch einen Anspruch darauf von 1860. Man erwarte weitere Informationen.
Um kurz vor halb zwei machte sich Shehata wieder auf den Rückweg ins Hotel. Entscheidende Eindrücke dürfte er noch nicht gesammelt haben. Höchstens, dass der Espresso geschmeckt hat…