München - Dieser TV-Auftritt wird für Gesprächsstoff sorgen: 1860-Investor Hasan Ismaik hat sich am Montagabend im Fernsehen gezeigt. Er fordert die Fans zum Umsturz auf und bezeichnet den Aufsichtsrat als "Bande".
Hasan Ismaik seinen München-Besuch nicht nur zu einem Treffen mit Fans im Löwenstüberl genutzt, sondern auch zu einer großen Ansprache im TV. Bei Stadtgespräch am Montagabend auf München.TV mit dem Sender-Chefredakteur Jörg van Hooven nahm er eine Dreiviertelstunde lang Stellung und fand deutliche Worte. Zunächst kam bei dem Interview schwerlich ein Redefluss zustande, weil Dolmetscher Mutaz Sabbagh an Ismaiks Seite übersetzte. Dann nahm das Gespräch an Spannung auf. "Fans sollen Verein vor dieser Bande schützen"
Richtig in Fahrt kam Ismaik bei seinem Monolog am Ende. Er forderte die Fans auf, den Löwen-Aufsichtsrat zu stürzen. Ismaik: "Ich bitte darum, den Verein vor dieser Bande zu schützen. Das ist eine Bande. Sie sind nicht interessiert daran, dass der Verein Erfolg hat. Schauen sie ihre Vergangenheit an. Sie haben den Verein von der Ersten Liga in die Zweite gestürzt. Der Klub stand vor dem Kollaps, als ich gekommen bin. 1860 hat die Farben des Freistaats Bayern. Ich fühle mich beschämt, wenn 1860 verliert, und dabei bin ich gar kein Deutscher."
Ismaik hat weiterhin große Ziele mit dem Verein: "Ich habe das Ziel, dass 1860 eines Tages wie Bayern und Dortmund spielt. Dann werde ich auf mich und den Verein stolz sein, weil ich dann die Fans dorthin geführt haben werde, dass sie stolz sind auf den Verein. 1860 hat ein großes Potenzial. Schauen Sie, wo Dortmund war und wo sie jetzt sind. Schauen Sie, wo Bayern München war und wo sie jetzt sind. Dann schauen Sie, wo wir sind. Jetzt sind wir da, ich zahle Geld, man beschädigt meinen Ruf, man beschädigt sein Bild, man belügt mich, die Fans, die Medien, alle. Man muss bei 1860 aufräumen." "Sie werden nächstes Jahr fünf Millionen brauchen"
Zunächst steht beim TSV 1860 der Lizenzierungstermin an: Der Verein muss bis zum 23. Mai bei der DFL nachweisen, das strukturelle Defizit ausgleichen zu können. Ob sie es aus eigener Kraft ohne die Hilfe des Investors schaffen? Das müssen sie laut Ismaik. "Ich werde keinen Cent überweisen, bevor der Verein nicht aus dem Chaos und der Misswirtschaft heraus ist, in der der Klub gerade ist", stellt er klar. Ohne ihn gehe es nicht weiter bei den Löwen, glaubt der Jordanier. "Auch wenn sie jetzt für dieses Jahr die 2,1 Millionen gespart haben. Sie werden nächstes Jahr fünf Millionen brauchen, im übernächsten Jahr sieben Millionen. Sie können nichts machen, bevor sie zum Beirat zurückkommen, bei dem ich Vorsitzender bin." Ismaik droht mit rechtlichen Konsequenzen
Ismaik schließt den Rechtsweg offenbar nicht aus, wenn Verträge oder Rahmenbedingungen gebrochen werden. "Sie können keine Darlehen aufnehmen ohne die Zustimmung des Beirats. Ich als Investor, der sehr viel bezahlt hat, habe das Recht, mich zu verteidigen, um den Verein zu schützen. Sie sind in einer prekären Situation, und sie haben sich selbst dort hineingeritten. Sie haben ein großes Problem aufgebaut. Das Problem ist nicht nur, dass sie das Geld auftreiben sollen. Das Problem ist viel größer. Es ist ein gesetzliches Problem."
Ismaik wirft der 1860-Führung vor, nicht am Erfolg interessiert zu sein. "Die einzige Lösung ist, dass sie sich mit dem Investor zusammensetzen, der Geld zahlt und der einzige ist, der will, dass der Verein Erfolg hat."
Ismaik fühlt sich gekränkt: "Nicht mal Foto auf Homepage"
Die vergangenen Monate haben Ismaik offensichtlich in seiner Ehre schwer gekränkt. "Es gab von Anfang seit meinem Einstieg Leute, die mein Bild in der Öffentlichkeit beschädigten", so der Jordanier. "Ich bin der Mann, der den Verein gerettet hat. Es gibt noch nicht mal ein Foto auf der Homepage von mir. Es gibt auf der Homepage ein Foto von Herrn Steiner (Aufsichtsratsvorsitzender, Anm. d. Red) und Herrn Schäfer, und man liest, was sie machen. Sie dachten, wenn sie nach Abu Dhabi kommen und alles schön formulieren, dann überweise ich am nächsten Tag das Geld. Und das geht nicht."
Ismaik hat kein gutes Bild von den Aufsichtsratsmitgliedern: "Die Herrschaften zahlen nicht so wie ich und wie die Fans. Sie fahren mit teuren Autos, um die Spiele kostenlos anzuschauen. Sie zahlen nicht für das Ticket. Sie genießen ihr Leben als Mitglieder des Aufsichtsrates. Der Fan arbeitet und zahlt. Ich muss nur die Fans respektieren."
Ismaik weiter: "Ich bestätige es Ihnen und jedem Fan, wenn sie Interesse daran hätten, dass 1860 Erfolg hat und stärker wird, dann hätten sie vom ersten Tag an ihre Hände in meine gelegt." "Ich habe 30 Prozent mehr bezahlt als der Verein wert ist"
Ismaik erinnert sich an die Reise einiger Löwen-Verantwortlicher in Abu Dhabi. Der Aufsichtsrat hatte ihm einen Besuch abgestattet. "Ich habe gesagt: Ich freue mich sehr, dass Sie da sind. Ich will von euch eine Chance, dass ich diesen Verein für fünf Jahre manage. Wir steigen auf und können dann ganz oben mitspielen. Oder wir geben auf und ich sage: Ich habe keinen Erfolg und kann es nicht schaffen. Ich habe mehr als den Vereinswert bezahlt, 30 Prozent mehr. Ihr habt nichts zu verlieren, ich schon. Ich habe mehr Interesse daran, dass der Verein erfolgreich wird, als ihr es habt. Ich habe mehr Interesse daran, dass die Fans mehr werden und Spaß daran haben, ins Stadion zu gehen." Ismaik bekräftigt Forderung nach Schäfer-Ablösung
Ismaik hat erwartungsgemäß seine Forderung nach einer Ablösung von Geschäftsführer Robert Schäfer bekräftigt. "Ich bin der Meinung, dass Herr Schäfer nicht unabhängig sein kann", begründet er. "Deswegen schlage ich vor, dass wir einen neuen Geschäftsführer suchen, der mindestens fünf oder zehn Jahre Erfahrung hat bei einem erstklassigen Verein." Zudem hat der 1860-Geschäftsführer nach Ansicht von Ismaik zu viel Macht. "Herr Schäfer kann alles unterschreiben, alles entscheiden."
Den Vorschlag einer Schäfer-Ablösung hätten die Verantwortlichen laut Ismaik gekontert, als sie in Abu Dhabi zu Gast waren - mit dem Vorschlag, den Sportchef Florian Hinterberger auszutauschen.
Ismaik sieht eine Misswirtschaft im Verein, auch in sportlicher Hinsicht. "Es sollten Profis ans Werk", so der Jordanier. "Stellen Sie sich vor: Nach unseren eigenen Recherchen gibt es einen Spieler, der 500.000 Euro bekommt. Der Wert des Spielers stand im Internet mit 100.000 Euro. Warum hat man ihm 500.000 Euro gegeben? Ich sehe es als Investor nicht gerne, dass mein Geld so verschwendet wird."
Auf seine Forderung nach einem neuen Geschäftsführer hin habe sich Robert Schäfer an ihn gewendet, berichtet Ismaik. "Herr Schäfer hat mich um eine letzte Chance gebeten. Ich habe gesagt: Sie sind nicht in der Lage, unabhängig zu sein. Das hat ihn sehr getroffen, er hat mich noch einmal gebeten, weiter in dem Verein zu arbeiten." Inszenierung mit Bodyguards?
Nach Ismaiks Aussage hat die Löwen-Führung anfangs von ihm verlangt, sich anders zu inszenieren. "Als ich den Verein gekauft habe, war ich nicht in den Medien wie die anderen Herren. Sie haben mir gesagt, ich solle mir Leibwächter holen und eine Show aufbauen wie andere das machen, damit ich auch in den Medien präsent bin, damit auch die Fans das sehen. Sie haben immer versucht, ein größeres Bild von mir zu geben. Ich habe gesagt: Ich bin ein einfacher Mensch, ich mag die einfachen Menschen. Ich werde so lange bleiben, bis ich tot bin."
Wiederholungstermine von "Stadtgespräch" bei München.tv: Dienstag, 22 Uhr und Mittwoch, 15 Uhr und Freitag, 11 Uhr