Chaos, Beinahekatastrophen, Fußball und das geilste Wetter beim geilsten Club der Welt geschrieben von Phillip Rapp Schriftgröße Schreiben Sie den ersten Kommentar!
Dienstag, 06. August. Es ist viertel nach zehn Abends und ich komme gerade vom Amateurderby, welches knapp 15 Minuten zuvor abgepfiffen wurde in meiner Giesinger Wohnung an. Ich bin nass bis auf die Knochen, der Himmel öffnete während der 90. Minuten alle Schleusen. Nass wie ich es als Kind häufig war wenn das Wetter nicht mitspielte und ich meine Löwen aus der guten alten Westkurve anfeuerte wenn ich nicht gerade mit Bechersammeln beschäftigt war. Aber ich bin nicht nur komplett durchnässt, ich war und bin immer noch aufgewühlt, aufgewühlt von Wut, Hass, Stolz und einer Bandbreite von weitern gerade nicht zu definierenden Gefühlen.
Ein paar Stunden zurück, es ist 17:45Uhr, ich laufe von mir zum Wettersteinplatz, welcher sich direkt neben dem Stadion befindet und besorge mir erst noch ein Wasser. Es hat schließlich 34 Grad und bis zum Spiel sind es noch gut 2,5 Stunden. Wenig später vor der Westkurve angekommen, warten bereits die ersten Löwenfans an der Kasse. Es kursieren Gerüchte, der FCBäh hätte sich kurzfristig dazu entschieden doch noch ein paar Karten an der Abendkasse zu verkaufen. Die Vorstellung, dass sich hunderte Löwenfans mangels Ticket (die 3500 Tickets im VVK gingen weg wie warme Semmeln) auf einmal in die Fanblöcken des Gastgebers stellen veranlasst Sie wohl zu diesem Schritt. Gegen 18:30-18:45 begab ich mich schließlich auf eine Brücke neben der Westkurve um zu beobachten wie unser Corteo, welcher von der Heilig-Kreuz-Kirche im Herzen des alten Giesings bis zum Stadion führte, eintrifft. Eigentlich war der Plan, dass ich sobald der Corteo unter der Brücke durch ist schnell zurück zum Eingang husche, so dass ich vor dem großen Mob im Stadion bin. Aber hier fing die Polizei das Nerven an. Plötzlich mussten alle Personen (neben ein paar Löwenfans waren vor allem viele Passanten auf der Brücke welche dieses Specktakel interessiert beobachteten) von der Brücke. Gut kein Problem dachten wir, gehen wir halt gleich zum Stadion. Aber das durften wir nicht, alle Personen mussten die Brücke auf der anderen Seite verlassen bis der Corteo vorbei war. Jetzt war es zu spät, als wir wieder am Stadion ankamen stand der Mob bereits vor uns. Bis zum Spiel waren es jetzt noch knappe 65. Minuten.
Hier beim Einlass war die Organisation einfach nur mangelhaft. Für fast 4000 Personen die in der Westkurve Karten hatten, wurden viel zu wenige Tore geöffnet (zeitweise war sogar nur ein bzw. zwei Tore offen), an denen natürlich auch noch besonders intensiv gefilzt wurde. Man kam extrem langsam voran. Der Unmut wurde immer größer und ein paar Kreislaufzusammenbrüche gab es zu allem Überfluss auch noch. Alles natürlich unter Beobachtung von mehreren Hundertschaften Polizei, welche an diesem Abend serienmäßig mit Darth-Vader-Helm unterwegs waren. So ab 19:30 eskalierte es immer mehr. Das Spiel rückte immer Näher und immer noch waren hunderte wenn nicht sogar über Tausend vor den Toren. Eine Entspannung zeichnete sich nicht ab. Der Druck wurde immer größer, so das Leute die schon ganz vorne standen durch die Tore gepresst wurden und die Ordner entsprechend nur noch zur Seite gedrückt wurden. Die Polizei ging an diesem Eingang sofort dazwischen und riegelte Ihn kurzzeitig ab. Etwas daneben machten weitere Beamte ein kleines Tor auf und filzten die Leute beim Einlass selber. Aber es war einfach zu wenig, die Stimmung war extrem aufgeheizt, das Gedränge wurde vor allem für die weiter vorne stehenden immer Brutaler. Sie wurden in der Masse oder an Gittern so eingequetscht das Sie kaum noch Luft bekamen. Andere berichteten Sie glaubten jeden Moment gehe das Licht aus. Sie hatten Angst und dachten an Dinge wie die Loveparade in Duisburg und das wenn man umkippt alles vorbei ist. Die Empörung war groß, ich sah viele die vom Verhalten der Verantwortlichen tief entsetzt waren. Und damit meine ich weiß Gott nicht unsere Szeneleute, nein besonders viele Leute die sonst eher auf das depperte Verhalten vom Ultra und Co. schimpfen waren nun besonders aufgebracht. So um kurz nach acht entschied ein Truppenführer endlich einfach die Schleusen zu öffnen und die Leute unkontrolliert rein zu lassen und dieser Aktion ist es zu Verdanken das es nicht wirklich zum Desaster kam. Aber diese Reaktion hätte viel früher erfolgen müssen. Diese ganze Eskalation hätte im Vorfeld komplett vermieden werden können, aber man wird das Gefühl nicht los, dass die Eskalation bewusst herbeigeführt wurde. Ein Münchner Lokalblatt hat nachgerechnet, dass man wenn man von einer Kontrolle von ca. 30 Sekunden ausgeht (Kartenkontrolle, intensive Leibesvisitation, Taschen leeren etc.) bei fünf Schleusen ca. 6 Stunden und bei gar nur zwei Schleusen ca. 29 Stunden gebraucht hätte die über 3500 Leute in die Westkurve zu bringen. Wie sich der FC Bayern das vorgestellt hat ist mir ein Rätsel. Die Polizei wollte angeblich die ganze Zeit mehr Tore öffnen, aber der Verein der pädophilen brandstiftenden Steuerhinterzieher hatte für den Abend nicht mehr Ordner bestellt. Jetzt kommt also auch noch Körperverletzung zu deren Trophäensammlung hinzu. Aber FCBäh hin oder her warum sagen die Behörden welche für die Genehmigung einer solchen Veranstaltung zuständig sind (KVR, Polizei etc) nicht bereits im Vorfeld das die geplanten Eingänge zu wenig sind und man bei der Anzahl an zu erwarteten Zuschauern und bei verschärften Kontrollen viel mehr Einlässe benötig? So hochbezahlten erfahrenen Beamten müsste das doch klar gewesen sein wie das endet. Wie gesagt, ich meine die Eskalation war erwünscht, schuld sind ja am Ende eh die blöden Blauen. Einziger „Glücksfall“ war, dass wir mit dem nordbayerischen USK aus Franken beglückt wurden. Die sehen mit Ihren Helmen zwar etwas martialischer aus, sind aber im Vergleich zu Ihren Corpskollegen aus Südbayern welche in der Regel nur mit Barrett unterwegs „harmlos“. Denn wäre das USK-Südbayern da gestanden, wäre der Abend mit Sicherheit in einer Katastrophe geendet. Natürlich gab es auch von Fanseite ein paar Dummheiten, sollte man auch mal erwähnen. Das Böller und Bierflaschen werfen aus dem Corteo auf Polizisten, war absolut unnötig und strohdumm, gar keine Frage. Damit reitet man nur andere Fans in die sprichwörtliche Scheiße.
So jetzt aber mal zum eigentlichen Thema. Das Derbyfieber war im Vorfeld richtig groß, dass eigentliche Gästekontingent plus nochmal 1000 Extrakarten längst vergriffen. Viele meinten im Vorfeld das bei diesem Auswärtsspiel in der eigenen Heimat mehr Blaue als Rote im Stadion sein würden, aber das konnten die Roten auch nicht auf sich sitzen lassen schließlich steht Ihr Namen auf dem Ticket zu erst. So kam es zu einer wahren Völkerwanderung aus Korbach, Naumburg und sonst woher in unser Giesing so das sich am Ende sage und schreibe 10.600 Zuschauer im Sechzgerstadion einfanden. Der Löwenanteil betrug mindestens 4500 Zuschauer. Neben der Westkurve saßen viele Blaue auf der Haupttribüne, einigen standen auf der neuen komplett sinnfreien Osttribüne und sogar in der Stehhalle bei den Roten befand sich der ein oder andere Blaue. Sportlich geht es für den Red Scum in dieser Saison zwingend um die Meisterschaft und den Aufstieg in Liga 3. War ja schon letzte Saison das Ziel jedoch holten wir den Titel, eine Tatsache die Brenos zukünftigem Zellennachbar wohl bis heute schlaflose Nächte bereitet. Zum Einlaufen zeigten die Roten eine Choreo, irgendwas mit „Sechzgerstadion die Heimat der Bayern-Amateure“ oder so. Naja, Heimat und die Roten, diesem Seelenlosen Erfolgskasperln ist es doch eigentlich scheiß egal ob Sechzgerstadion, Olympiasatadion, Arena oder irgendwann ein 100.000 Zuschauer fassendes Stadion in Großkorbetha. Und bitte kommt mir keiner mit die Roten haben nicht nur Erfolgsfans sondern auch eine tolle aktive Szene die gerade sehr gescholten wird. Auch wenn die aktive Szene der Roten sich für die Ultras überhaupt halten, am Ende sind auch Sie damals nur Bayernfan geworden weil der Papa Ihnen vor 18 Jahren zu Zeiten des FC-Bayern-Dreamteams ein Klinsmann Trikot gekauft hat. Und wäre der FC Bayern nicht so erfolgreich wären Sie eventuell ganz woanders gelandet und wer was anders behauptet lügt.
Sportlich muss man sagen war es diesmal eine klare Sache, Bayern dominierte, die Amas kamen hingegen nicht wirklich ins Spiel. So war es nur Folgerichtig das die Roten in der 16. Minute in Führung gingen. Bei dem 1:0 für Rot blieb es auch bis zur Pause und damit waren wir wenn man ehrlich ist gut bedient. In der zweiten Hälfte sind unsere Jungs dann etwas aufgewacht und unsere hungriges Herz Andreas Neumeyer hatte zwei riesen Chancen zum Ausgleich, jedoch parierte einmal der Keeper und einmal rettet die Latte für die Roten. Viel mehr gute Chancen sprangen leider nicht mehr heraus und am Ende entschied Sallahi nach einem Fehlpass das Spiel. 2:0 das war zugleich er Endstand.
Stimmungstechnisch war es ein richtig geiles Derby. Die Roten sangen 90. Minuten lang ,mal etwas mehr mal etwas weniger Ihr 08/15 FC-Bayern-Amateure Songbook runter, so wie bei jedem Spiel. Sie hatten zudem mit dem Dach der Stehhalle einen akustischen Vorteil, so hörte es sich auf jeden Fall schön laut an. Etwas zündel durfte beim Pack selbstverständlich auch nicht fehlen, aber nichts Besonderes wie ich fand. Auf unserer Seite war die Stimmung zu Beginn noch nicht auf Betriebstemperatur. Es wurde zwar supportet, jedoch sprang der Funken noch nicht über. Aber als dann Mitte der ersten Hälfte der Gewittersturm über dem Stadion seinen Höhepunkt erreicht und sintflutartiger Regen einsetzte, da begann in der Westkurve das kollektive Ausrasten. Der Großteil der Löwenfans zog das T-Shirst aus und schwang es wie einen Schal durch die Luft. Es wurde so laut als wäre es Zitat SZ: „das letzte Spiel der Vereinsgeschichte“. Dazu kam noch jede Menge Pyro aus allen Ecken und Enden. Dunkelblaue Rauchtöpfe, massenweise Breslauer und Blinker gaben ein sensationell geiles Bild ab was durch das Lichterspiel am Firmament abgerundet wurde. Ich krieg immer noch Gänsehaut wenn ich an diese Momente denke. Die Stimmung unter den über 3500 total durchnässten Löwenfans in der Westkurve war nun richtig geil. Im Verlauf der zweiten Hälfte gab es noch eine Choreo welche aus mehreren Spruchbändern bestand, welche gleichzeitig hoch gehalten wurden. Im oberen Teil des Sektors wurden mehrere kleine Spruchbänder gezeigt auf denen Dinge wie „V-Männer“, „Hubschrauberdrohnen“, „Stadionverbote“ usw. standen. Vervollständig wurden diese kleinen Banner von einem Blockbreiten Banner auf dem in großen Lettern „Crime - Time – Giesing“ stand. Zwischen den Worten wurde zudem jeweils der Mittelfinger aufgemalt. Eine Liebesbekundung an unsere Sicherheitsorgane und die Repressionsmaschinerie.
Um 22:00 Uhr war das Spiel schließlich gelaufen. Zwar verloren, aber das kann einen Löwen nicht erschüttern. Während ich sofort den kurzen Weg heim antrat, wurde der Abend in Giesing für viele andere noch lang. Wie es sich gehört belagerten wie auch schon vor dem Spiel Blaue die einzigartigen Giasinga Boazen und feierten ein insgesamt geiles Derby in dem einfach nur Bestätigt wurde, München ist Blau, Giesing noch viel Blauer! Auf die Löwen!!!! Und von den Gefühlen von denen ich ganz am Anfang geschrieben habe ist jetzt nur noch der Stolz da. Ich bin Fan eines erfolglosen, aus seiner Heimat vertriebenen in der zweiten Liga rumdümpelnden Clubs der trotzdem DER GEILSTE CLUB DER WELT ist. ------------------------------------------------------------------------------------------------------