Am Montagmittag verzog sich Interims-Geschäftsführer Florian Hinterberger ins benachbarte Tennis-Lokal an der Grünwalder Straße: Was wird ihm bei seinem Mittagslunch durch den Kopf gegangen sein? Seine Tage beim TSV 1860 scheinen gezählt, erst recht nach dem Absturz in die Abstiegsregionen der Zweiten Liga. Die Löwen sind nach dem 1:3 gegen Dresden bis auf Platz 14 durchgereicht. Wer hat den Herbst-Crash zu verantworten?
Hinterberger, den Europapokalsieger von 1988, allein dafür haftbar zu machen, wäre nicht fair, denn in erster Linie wurde der Kader von Ex-Geschäftsführer Robert Schäfer und dem selbstherrlichen Ex-Trainer Alexander Schmidt zusammengestellt. Hinterberger, der Löwen-Sekretär, war bei Personalentscheidungen immer nur das “ausführende Organ”. Beim Transfer des Hachinger Abwehrtalents Markus Schwabl war Hinterberger beispielsweise dagegen, dennoch wurde der Sohn von Ex-Löwen-Kapitän Manni Schwabl eingestellt.
Schäfer war es auch, der im Sommer die Löwen 2013 als “beste Mannschaft seit dem Abstieg” verkauft hatte, um die Fans ruhig zu stellen – und es zudem zugelassen hat, dass Schmidt, der nachgewiesen im Herrenbereich keine Erfahrung hatte, bei 1860 schalten und walten konnte wie er wollte: Statt eine Mannschaft mit Struktur und Gesicht aufzubauen, spielte sich Schmidt lieber am Umbau des Funktionsteams: Er tauschte den Masseur und den Torwarttrainer aus und holte sich auch mit Markus von Ahlen einen neuen Co-Trainer.
Doch viel schlimmer fiel ins Gewicht, dass das Löwen-Trio die Aktie Daniel Halfar nicht richtig einschätzen konnte. Für 250.000 Euro wurde der einzig kreative Profi in den eigenen Reihen an die “Konkurrenz” nach Köln verscherbelt. Genauso wurden auch vorher schon Toni Rukavina (Real Valladolid, Marktwert inzwischen 4 Millionen Euro) und Publikumsliebling Djordje Rakic (Roter Stern Belgrad/ derzeit verletzt) falsch eingestuft und abserviert. Hinzu wurden Spieler verpflichtet, die längst ihren Zenit überschritten hatten: Beispielsweise wurde Moritz Volz für drei Jahre vom FC St. Pauli verpflichtet – am Kiez hatten sie ihm nur noch einen befristeten Einjahres-Vertrag angeboten…
Diese jahrelangen Fehleinschätzungen, insbesondere von IMG-Kartenverkäufer Schäfer, kosten dem Verein viel Geld. Friedhelm Funkel, der von Schäfer & Hinterberger im September geholt wurde und bei nur einem Sieg aus sieben Zweitliga-Spielen alles andere als eine glückliche Figur in Giesing abgibt, sind gewissermaßen die Hände gebunden. Er muss mit den Hinterlassenschaften arbeiten.
Dennoch sollte er seine Erfahrung als Bundesliga-Rekordhalter nun endlich einbringen. Funkel muss verinnerlichen, dass die Spieler bei 1860 eine harte Hand brauchen, und vor allem auch einen alleinigen Chef auf dem Platz. Als Zaungast hat man manchmal das Gefühl, dass Co-Trainer Markus von Ahlen der Wortführer im Verein ist. Das ist allerdings das falsche Signal für die Spieler.
Präsident Gerhard Mayrhofer ist jetzt gefordert, den Verein wieder in ruhige Fahrwasser zu lenken – mit einer neuen Führung und neuen Spielern, die das Format für guten Zweitliga-Fußball haben…