Ein Eklat und zu wenig Qualität: Der Nachwuchs überzeugt Reiner Maurer derzeit überhaupt nicht. Der 1860-Coach will künftig auf mäßig talentierte Jungkicker verzichten – und nur mit Profis arbeiten.
München - Am Ende kann Reiner Maurer sein Ziel noch erreichen. 57 Punkte strebt der Löwen-Trainer diese Saison an; und gewinnt Sechzig die beiden ausstehenden Heimspiele gegen Ingolstadt und Aachen, wäre das Ziel erreicht – so viele Punkte waren es auch 2005 im ersten Jahr nach dem Abstieg. Bis heute steht die Bestmarke. Doch der Unterschied ist: Diesmal konnte Maurer nicht wie einst mehrere Talente aus der eigenen Jugendschule bei den Profis integrieren, einzig Sebastian Maier war regelmäßig dabei.
Dass nicht nur die Löwen-Trainer vom stockenden Aufstieg der eigenen Nachwuchskräfte gefrustet sind, sondern die Talente selbst, zeigt der jüngste Fall: Beim U19-Spiel in Karlsruhe sorgte Sturmtalent Daniel Jais für einen Eklat, weil er Trainer Ivica Erceg nach einer frühen Auswechslung hämisch applaudierte und später auf der Bank über den Coach schimpfte. „So einen Fall hat es bei uns noch nicht geben. Wir müssen überlegen, wie wir damit umgehen, wenn bei einem Jugendspieler dermaßen die Nerven blank liegen", sagte Sportchef Florian Hinterberger.
Heute setzen sich die Jugendtrainer mit Nachwuchsleiter Wolfgang Schellenberg, Cheftrainer Reiner Maurer und Hinterberger zusammen und besprechen den Fall. Steht etwa ein Rauswurf des 19-Jährigen an? Schellenberg zur AZ: „Daniel hat etwas sehr emotional reagiert, aber keiner wird gerne ausgewechselt. Und ich will den Vorfall nicht weiter aufbauschen. Er weiß selbst, dass das nicht sonderlich glücklich war."
Die Löwen geben dem Talent aus Landsberg wohl noch eine Chance, schließlich sind sie nach wie vor von seinen Entwicklungsmöglichkeiten als Toremacher überzeugt (vergangene Saison gelangen Jais in der U19-Bundesliga neun Tore in der Rückrunde).
Und doch zeigt der Vorfall, dass man in Giesing mit der Entwicklung der zuletzt als förderungswürdigen Spieler überhaupt nicht zufrieden ist. Als die AZ vor wenigen Tagen Cheftrainer Maurer fragte, ob er in den ausstehenden Spielen noch einem jungen Talent eine Chance in der Zweiten Liga geben werde, reagierte der Allgäuer nahezu erschrocken und fragte: „Wem denn? Ich sehe die Leute jede Woche und weiß genau, was los ist. Es geht nur noch nach Leistung und nicht nach Geburtsdatum." Heißt also: Auch für Stürmer Markus Ziereis, den viele im 1860-Umfeld gerne mal bei den Profis sehen würden, ist das eine Absage. Maurer: „Soll ich unseren Jugendspielern, die für ihre Spiele bei einem schlechten Regionalligisten, und das ist unsere zweite Mannschaft, wenn man auf die Tabelle schaut, kämpfen müssen, in der Zweiten Liga spielen lassen?“
Vergangenen Sommer waren neben Maier und Jais, der es noch nie in den Profikader schaffte, auch Korbinian Vollmann (kommt nach seiner Leihe zu Unterhaching nicht zum Zug), Tobias Schilk (nach seiner Leihe nach Heidenheim ausgemustert) und Phillipp Steinhart (ein Einsatz bei den Profis) mit im Trainingslager der Profis in Österreich. In diesem Sommer wird Maurer anders entscheiden: „Es werden künftig keine sieben jungen Spieler mehr bei uns trainieren, wenn sie das Potenzial nicht haben.“